Wolfgang Müller, in unserer Region bekannt als langjähriger IG Metall Sekretär für SIEMENS und dann für die Automobilindustrie, lebte selbst jahrelang in Peking. In seinem neuesten Buch zerpflückt er die gängigen Klischees über das größte Land der Erde. In den USA wird offen über den kommenden Krieg gegen China gesprochen, einen heißen Krieg, denn der Wirtschaftskrieg läuft ja schon seit Präsident Trump und wurde unter Biden verschärft. Müllers These: Die Konfrontation ist nicht ideologisch basiert, sondern beruht auf reiner Machtpolitik: die USA sehen ihre Vormachtstellung gefährdet. 800 US-Militärstützpunkte gibt es weltweit, gerade um Chinas Küsten herum. China unterhält bisher nur einen einzigen (in Dschibuti). Als Exportmacht, ist es auf freie Schifffahrtswege angewiesen. China rüstet (auch) auf. Plant es die Eroberung Taiwans? Müller weist nach, dass sich die militärischen und rhetorischen Rituale gegenüber Taiwan seit Jahrzehnten nicht geändert haben: Beschuss unbewohnter Inseln, provokative Militärübungen, Aussagen an nationalen Gedenktagen, dass eine Wiedervereinigung notfalls militärisch gelingen würde… Bisher konnten beide Staaten mit dem Status quo gut leben: Taiwan ist völkerrechtlich Bestandteil Chinas (was auch Deutschland in der UNO bekräftigt hat) – es hat aber ein anderes – parlamentarisch-demokratisches – System und eine andere Regierung und im Übrigen macht man Geschäfte zum wechselseitigen Vorteil.
Wenn die USA China zum Hauptfeind erklären, wie verhalten sich dann die Europäer? Hier sieht das Bild leider sehr uneinheitlich aus: Das deutsche Außenministerium ist klar auf US-Linie, auch wenn das ein Bruch der bisherigen Politik ist. Die deutsche Wirtschaft sieht das naturgemäß anders, geht aber eher leise vor. Und wie sehen die Konfrontationsfelder aus? Müller untersucht: den „Chipkrieg“, Chinas Rolle in Afrika, und Chinas Klimapolitik. Bei letzterer ist klar: ohne das Riesenland ist globale Klimarettung nicht möglich. Bisher hat China seine CO2-Reduktionsziele übertroffen – doch der Kohleausstieg wird schwer werden. Immerhin produziert das Land weltweit das meiste Polysilicon – wenn dieser essentielle Rohstoff für Solarzellen jetzt unter US-Sanktionen fällt (wg. Xinjiang) ist das eine weltweite Bedrohung der Energiewende. Wäre vielleicht eine Haltung denkbar: „We do not agree in politics, we agree in safety for the planet.“?
Wir möchten das Buch unbedingt zur Lektüre empfehlen, es ist gespickt mit Infos, liest sich aber trotzdem flott. VSA-Verlag, 160 Seiten, EUR 14,80