Soeben ist die deutsche Regierung bei der Bundestagswahl abgestraft worden, obwohl die wirtschaftliche Bilanz sehr gut aussieht, gerade im europäischen Kontext. Aber was heißt gute Regierung? Pierre Rosanvallon, Professor für Geschichte am College de France untersucht diese Frage historisch in einem vielbeachteten Buch.
„Unsere politischen Systeme können als demokratisch bezeichnet werden, doch demokratisch regiert werden wir nicht.“ Die demokratische Betätigung der Bürgerinnen und Bürger reduziert sich auf die Wahl von Repräsentanten. Dieser „Genehmigungsdemokratie“ stellt Rosanvallon eine „Betätigungsdemokratie“ gegenüber, die tatsächliche Teilhabe garantieren soll. Doch bis zu dieser Schlussfolgerung führt er uns durch die Demokratiegeschichte, speziell Frankreichs und Deutschlands, und zeigt, wie der Wunsch nach Effizienz zu einer Vorherrschaft der Exekutive vor der Legislative führte. Das muss noch nicht Demokratieabbau bedeuten! Der direkt gewählte französische Präsident ist Haupt der Exekutive – unmittelbar vom Souverän legitimiert.
Das Buch ist sicher nicht leicht zu lesen, es lohnt aber gerade in einer Zeit, in der neu ausgehandelt wird, was „Volkswille“ eigentlich heisst.
Pierre Rosanvallon: Die gute Regierung, Hamburger Edition, Hamburg 2016, 384 Seiten, 35,00 EUR