von Thomas de Padova
1913: Max Planck und Walther Nernst, bereits berühmte Professoren und zukünftige Nobelpreisträger (Physik bzw. Chemie) reisen nach Zürich, um den Schweizer Staatsbürger Albert Einstein (*1879 in Ulm), seinerseits Professor an der renommierten ETH Zürich, zur Übersiedlung nach Berlin zu bewegen. Sie versprechen ihm ein fürstliches Gehalt und ein Leben ganz für die Wissenschaft, ohne Lehrverpflichtung. Denn die spezielle Relativitätstheorie revolutioniert seit 1905 das physikalische Weltbild. Einstein willigt ein, obwohl er den preußischen Militarismus schon damals hasst und sich zeitlebens als Schweizer fühlen wird. In Berlin angekommen, wird er großzügig auch von Fritz Haber gefördert. Haber und seine Frau Clara Immerwahr werden auch versuchen, in der zerbrechenden Ehe Einsteins zu vermitteln. Einsteins Frau Milena wird bei ihnen einziehen. Ein Jahr später: Der erste Weltkrieg beginnt mit dem Einmarsch Deutschlands ins neutrale Belgien. Planck, Nernst, Haber und erschreckend viele andere (93) unterschreiben den berüchtigten rassistischen Aufruf „An die Kulturwelt“, in dem sie sich zum Militarismus bekennen. Einstein ist angewidert und betroffen und hält dagegen mit dem Aufruf „An die Europäer“, der die Idee eines europäischen Staatenbundes vorweg nimmt. Er wird Mitglied im pazifistischen „Bund Neues Vaterland“, zu dem auch Alfred Hermann Fried, Kurt Eisner und Clara Zetkin gehören. Der Bund wird schon 1915 verboten, jedoch gegen Kriegsende wiedergegründet, aus ihm geht die Liga für Menschenrechte hervor, in Deutschland wie international. Fritz Haber begründet die Giftgas-Forschung und fährt zum Einsatz seiner Massenvernichtungsmittel an die Front. Seine Frau Clara Immerwahr erschießt sich 1915, man nimmt an, aus Protest dagegen. Der alte Nernst wird kriegsfreiwilliger Meldefahrer. Und was tut der Pazifist Einstein? Er drückt weiter seinen Ekel vor der Massenschlächterei aus, heiratet seine ältere Cousine Elsa und zieht sich ansonsten in die Theoretische Physik zurück. In 3 Jahren entwickelt er die allgemeine Relativitätstheorie, die eine neue Sicht der Schwerkraft im Raumzeitkontinuum ermöglicht. Dazu ist ein enormer mathematischer Aufwand erforderlich. Ohne diese Theorie würden unsere heutigen Navigationsgeräte nicht funktionieren! (Der Autor des Buches ist Physiker und Wissenschafts-journalist und vermag es, die Theorie anschaulich und allgemeinverständlich zu erklären. Dafür gebührt ihm ein hohes Lob!) 1918 beendet die Revolution endlich den Krieg und fegt den Kaiser hinweg. Einstein wird für kurze Zeit zum Volksredner. Bei den Arbeiterräten ist er wohl gelitten. Seine Popularität ist ungeheuer. Er wird sie auch in der Folgezeit einsetzen, um für Völkerverständigung zu werben und den Militarismus zu denunzieren, bis hin zum „Russell-Einstein-Manifest“ für atomare Abrüstung 1955, unmittelbar vor seinem Tod.
Das Buch schildert sehr anschaulich, wie Einstein mitten im ersten Weltkrieg zum aktiven Pazifisten wurde, während er gleichzeitig – inmitten seines stürmischen Privatlebens – ein neues Bild des Universums entwirft.
Carl Hanser Verlag 2015.