Das Friedensmuseum feiert Geburts­tag! Gewaltfreiheit in all ihren Aspek­ten ist der rote Faden, der uns durch die letzten 25 Jahre geführt hat. Deswegen bie­ten wir in unserem Geburtstags­jahr eine Veranstaltungsreihe mit hochrangigen Referierenden an: Gewaltfreiheit heute. Alle Veran­staltungen sind hybrid: Sie finden sowohl vor Ort im Friedensmuse­um statt als auch per Zoom (Strea­ming), denn sie sind bundesweit angelegt.

Hier ist der gemeinsame Link für alle Veranstaltungen: Zoom-Meeting beitreten: https://us02web.zoom.us/j/83261972451?pwd=T1c5VlFjTGt6NURZRDNGYlRNVjA0dz09 Meeting-ID: 832 6197 2451, Kenncode: 200954

Einzelne Veranstaltungen werden unterstützt vom Helmut-Michael-Vogel-Bildungswerk e.V. der DFG-VK Bayern, von der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (WILPF/ IFFF) München und dem Internationalen Versöhnungsbund, IFOR Austria.

Neben dieser Reihe bietet das Friedensmuseum natürlich noch viele andere Veranstaltungen, vom Leseabend über Filmgespräche bis zum Sommerfest. Diese finden aber nicht hybrid und deutschlandweit statt, sondern in unserem Nürnberger Museum. Alle Veranstaltungen finden Sie im Programmkalender. Wenn Sie unseren Newsletter auf derselben Seite abonnieren, sind Sie immer auf dem Laufenden! Viele Vorträge der letzten Jahre finden Sie auch auf unserem YouTube-Kanal, den Sie ebenfalls abonnieren können.

Materialien zu den einzelnen Veranstaltungen werden wir nach und nach hier unten verlinken.


Programm der Reihe Gewaltfreiheit heute


Di, 07.03.2023, 19:30 Uhr Helene Stöcker – Radikale Feministin und Kriegsgegnerin

Zusammen mit der IFFF/WILPF (Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit) präsentiert das Friedensmuseum eine der großen Vordenkerinnen sowohl der Frauenbewegung wie auch des aktiven Pazifismus.

Referent: Dr. Guido Grünewald, seit Jahrzehnten in Friedensorganisationen aktiv, Vertreter der DFG-VK bei internationalen Organisationen, zahlreiche Publikationen und Vorträge zur Geschichte von Friedensbewegungen. Lebt als selbstständiger Finanzberater in Bonn.

Helene Stöcker, geb. 1869 in Elberfeld, studierte als eine der ersten Frauen an der Berliner Universität, promovierte in Bern und wurde im „Bund für Mutterschutz“ aktiv. Im Namen einer „Neuen Ethik“ kämpfte sie für die rechtliche und sexuelle Emanzipation der Frau, für den Schutz lediger Mütter und die Rechtsgleichheit unehelicher Kinder sowie für Bildung und finanzielle Unabhängigkeit als Voraussetzung für eine echte Partnerschaft zwischen den Geschlechtern. Stöcker, die auf die Vernunft vertraute, erlebte den 1. Weltkrieg als Schock. Sie nahm am Internationalen Frauenfriedenskongress 1915 in Den Haag teil und setzte sich für ein rasches Kriegsende ein. Nach 1918 propagierte sie radikale Gewaltfreiheit und Kriegsdienstverweigerung. 1919 wurde sie Gründungsmitglied der „Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit“ (WILPF, IFFF). Sie wurde im Bund der Kriegsdienstgegner (BdK) aktiv und war Mitbegründerin der WRI (War Resisters International). Gleichzeitig bekleidete sie in den 1920er Jahren führende Funktionen in Organisationen wie der Deutschen Friedens-gesellschaft (DFG) und dem International Peace Bureau (IPB), die mehr völkerrechtlich orientiert waren. Sie kämpfte auch für soziale Gerechtigkeit und reflektierte das Problem revolutionärer Gewaltanwendung. 1933 floh sie vor den Nazis und starb 1943 in New York.
Hier gibt es die Tonaufzeichnung der Veranstaltung


Mo, 27.03.2023, 19:30 Uhr Unsere Wurzeln – Geschichte der Gewaltfreiheit 

Ein facettenreicher Dialog zwischen einem Historiker (Dr. Guido Grünewald) und einer Aktivistin (Birgitta Meier) mit vielen Bildern und Zwischentönen

Was haben Quäker und Anarchosyndikalisten gemeinsam? Was verbindet die Winzerinnen von Kaiserstuhl mit „Ende Gelände“ und Leo Tolstoi? Und seit wann gibt es eigentlich den Begriff der Gewaltlosigkeit/Gewaltfreiheit? Sind die „Wurzeln“ nicht eher ein Gestrüpp, wo man leicht die Übersicht verliert? Im Gespräch versuchen wir die Entwicklung der Gewaltfreiheit, ihrer Methoden und der Menschen, die sie prägten darzustellen, nicht nur aus der Friedensbewegung, auch aus weltweiten Arbeiterkämpfen, aus den Befreiungskämpfen des Südens. Im Mittelpunkt steht jedoch die Zeit nach 1945.
Gewaltfreier Widerstand ist mittlerweile gut erforscht. Seine Methoden sind so erfolgreich, dass sie gelegentlich von der Gegenseite gekapert werden – CIA lässt grüßen. Auch darauf müssen wir eingehen. Neben diesem (rein) technischen Verständnis steht immer noch Gewaltfreiheit als Lebensmaxime, als grundsätzliche Weigerung, andere Menschen – oder auch die Natur – zu schädigen. Die gegenwärtige Klimagerechtigkeitsbewegung zeigt uns täglich, wie gewaltfreier Widerstand heute aussehen kann. Darüber lässt sich diskutieren.


Mo, 17.04.2023, 19:30 Uhr  Gewaltfreiheit in aktuellen Konflikten – gibt’s das denn überhaupt?

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine hat Gewaltfreiheit einen schlechten Stand im öffentlichen Diskurs. Mehr noch: sie wird systematisch totgeschwiegen. Militärische Gegenwehr wird als alternativlos dargestellt, selbst um den Preis der Zerstörung des eigenen Landes. Der Vortrag zeigt unbekannte und effektive Beispiele ziviler Gegenwehr – nicht nur in der Ukraine sondern auch bei vielen anderen blutigen Konflikten, die gegenwärtig, von uns meist unbeachtet, ausgetragen werden.

Die Referentin Dr. Christine Schweitzer (Hamburg) ist Friedensforscherin und Friedensarbeiterin. Sie hat über gewaltfreie Interventionen im ehemaligen Jugoslawien promoviert (2009). Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit ist sie als Praktikerin im Bereich zivile Konfliktbearbeitung tätig. Sie arbeitet als Geschäftsführerin des Bund für Soziale Verteidigung und ist Mitarbeiterin im Institut für Friedensarbeit und Gewaltfreie Konfliktaustragung. Einige Jahre war sie Programmdirektorin der internationalen Nonviolent Peaceforce und von 2014-2019 im Vorstand der War Resisters International.


Mo, 08.05.2023, 19:30 Hildegard Goss-Mayr und ihr lebenslanges Engagement für gewaltfreie Bewegungen

Aktive Gewaltfreiheit in der Überwindung von Unrecht und Diktatur am Beispiel Lateinamerikas

Ihr ganzes langes Leben lang setzte sich Hildegard Goss-Mayr (*1930, Wien) für Frieden und Gerechtigkeit ein. Lange war sie als Reisesekretärin beim Internationalen Versöhnungsbund beschäftigt. Aufgrund dieser Arbeit gilt sie bis heute als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten, die Menschen in der ganzen Welt erste Erfahrungen mit aktiver Gewaltfreiheit und gewaltfreiem Widerstand ermöglichten. Wichtige Stationen Ihres Lebensweges:

  • Schulung gewaltfreier Gruppen auf den Philippinen, um den Sturz der Marcos-Diktatur vorzubereiten
  • Einsatz für die Berücksichtigung von Gewaltfreiheit beim II. Vatikanischen Konzil
  • Verbreitung der Idee der Gewaltfreiheit in afrikanischen Ländern (u.a. Madagaskar)
  • Beitrag zum Aufbau der gewaltfreien Bewegung in Lateinamerika vor 60 Jahren.

Der Vortrag wird vom österreichischen Versöhnungsbund gestaltet. Ausgewählte Videos aus Ihrem Leben runden ihn ab.


Mi 13.09.19:30 Das Zaporizhzhya Protection Project – Bericht aus Erster Hand

Das größte Atomkraftwerk Europas, das ukrainische Zaporizhzhya (deutsch meist: Saporischschja) ist in großer Gefahr, durch Kriegshandlungen beschädigt zu werden. Deshalb fordert die internationale Atomenergiebehörde IAEA seit langem eine entmilitarisierte Sicherheitszone um das Kraftwerk herum. Dazu sind beide Kriegsparteien bisher nicht bereit, sie riskieren lieber eine nukleare Katastrophe in der Größenordnung von Tschernobyl.

Die internationale Organisation World Beyond War will das nicht hinnehmen, sondern schickt seit April 2023 Freiwillige in die Ukraine, die in direktem Kontakt mit der Bevölkerung und den Parteien vor Ort, eine Sicherheitszone zu verhandeln, in engem Kontakt mit IAEA. Vor allem möchten sie den Beteiligten zuhören: „Uns wird es vor allen Dingen darum gehen, genau zuzuhören, was die Menschen über das Leben unter solchen Bedingungen mitteilen möchten und welche Bedürfnisse sie derzeit haben. Wir interessieren uns besonders für Ideen und Vorschläge dieser Menschen hinsichtlich nichtmilitärischer Lösungen“.

Nichtmilitärischer Ziviler Schutz (unarmed civil protection) in Kriegssituationen ist in der internationalen Friedensbewegung seit etlichen Jahren gängige Praxis – aber in Zusammenhang mit einem AKW eine sehr neue Erfahrung. Wir möchten mehr darüber erfahren und haben einen der Initiatoren des Projekts, John Reuwer, eingeladen, uns davon zu berichten in einer ZOOM-Konferenz. Er lebt in Maryland/USA und wird auf Englisch etwa eine halbe Stunde vortragen. Fragen können auf Deutsch gestellt werden.
Eine spontane Veranstaltung in unserer Jubiläumsreihe „Gewaltfreiheit heute“.
Mehr zu John Reuwer (deutsch): https://worldbeyondwar.org/de/johnreuwer/ , zu World beyond War: https://worldbeyondwar.org/de/ und zum Projekt selbst: https://worldbeyondwar.org/zap/


Fr 22.09. 19:30 Soziale Verteidigung – wir machen ernst!

Vor einem Jahr stellte die Referentin im Friedensmuseum das Konzept der Sozialen Verteidigung vor: einer Gegenwehr ohne Waffen, die nicht das zerstört, was sie zu schützen vorgibt. Dieses Webinar wollen wir nun vertiefen – auch für Menschen, die letztes Jahr nicht dabei waren. Denn es hat sich was getan in der Zwischenzeit: Eine neu gegründete Kampagne will die Soziale Verteidigung voranbringen, deutschlandweit. Die Kampagne heißt: Wehrhaft ohne Waffen, sie will die Anwendungsmöglichkeiten Sozialer Verteidigung in unserem Lande ausloten. Spannend…
Soziale Verteidigung kann versagen, besonders, wenn sie nicht schon vorher reflektiert und eingeübt wurde, wie historische Beispiele zeigen. Deswegen auch diese Kampagne.
Militärische Gegenwehr versagt aber mit Sicherheit, weil sie den doppelten Widerspruch nicht auflösen kann: Krieg kostet Leben – und in den seltensten Fällen trifft es jedoch diejenigen, die daran schuld sind. Und das Land, das verteidigt werden soll, wird flächendeckend zerstört. Für die Opfer ist es egal, wer angefangen hat und was das Völkerrecht dazu sagt.

Der Vortrag wendet sich an Menschen, die ihr Wissen vertiefen möchten, genauso wie an solche, die noch nie etwas von Sozialer Verteidigung gehört haben, aber verzweifeln angesichts der (selbst-) zerstörerischen Gewalt.

Dr. Christine Schweitzer (Hamburg) ist Friedensforscherin und Friedensarbeiterin. Sie hat über gewaltfreie Interventionen im ehemaligen Jugoslawien promoviert (2009). Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit ist sie als Praktikerin im Bereich zivile Konfliktbearbeitung tätig. Sie arbeitet als Geschäftsführerin des Bund für Soziale Verteidigung und ist Mitarbeiterin  im Institut für Friedensarbeit und Gewaltfreie Konfliktaustragung. Einige Jahre war sie Programmdirektorin der internationalen Nonviolent Peaceforce und von 2014-2019 im Vorstand der War Resisters International.

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