Axenstein, 10. August
Die «Wiener Zeit» veröffentlicht (29. Juli) folgende Mitteilung:
«Die Polizeidirektion gibt bekannt: Die Verbreitung der nichtperiodischen Druckschrift Vom Weltkrieg zum Weltfrieden* von Dr. Alfred H. Fried, Druck und Verlag Artistisches Institut Orell Füssli in Zürich, wurde eingestellt.»
Was werden sich die guten Wiener über die Gefährlichkeit dieser Schrift vorstellen, und wie werden meine Wiener Freunde heimlich zittern, dass ich entarteter Sohn des Vaterlands so revolutionäre Dinge schreibe, gegen deren Verbreitung die hohe Polizei einschreiten muss.
Wie gerne möchte ich ihnen die Enttäuschung (nicht über mich, sondern über die Wiener Polizei gönnen, wenn ihnen dieses Buch zur Hand käme, das nichts anderes enthält, als zwanzig meiner Aufsätze, die bereits vorher in Zeitungen erschienen waren, und die man fast alle anstandslos in Wien hatte lesen können. Man scheint auch bei der Wiener Polizei nur den Titel für gefährlich zu halten. «Vom Weltkrieg zum Weltfrieden»! Pfui! Wie unpatriotisch ist es doch, im 25. Monat des Kriegs einen solchen Gedankengang auszusprechen! Pfui! Pfui! Staatsbürger!
Soweit Frieds Tagebuch. Übrigens: das Friedensmuseum hat eine (digitale) Kopie dieses gefährlichen Machwerks. Wer sich also selbst ein unverfälschtes Bild von den zersetzenden Meinungen des Herrn A. H. Fried verschaffen möchte, soll sich melden! Die Titelseite dieses Exemplars trägt ebenfalls ein handschriftliches „Verboten“. (WN)