Liebe FriedensfreundInnen,
Ich zitiere NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zum Thema Streumunition: „Das ist brutal, das ist unmenschlich und ist ein Verstoß gegen internationales Recht“. Vielleicht staunt Ihr jetzt über diese klare Verurteilung? Aber freut Euch nicht zu früh: es handelt sich um ein Zitat aus dem Spiegel letzten Jahres, als nach einer Recherche von Human Rights Watch bekannt wurde, dass russische Truppen in der Ukraine Streumunition eingesetzt haben soll.
„Brutal, unmenschlich, Verstoß gegen internationales Recht“.
Ja natürlich, dieser ganze Krieg ist „brutal, unmenschlich“ und Verstöße gegen internationales Recht gibt es mehr als genug. Es ist für mich jedoch unerträglich, mit welch einer Heuchelei unterschieden wird zwischen „brutalen, unmenschlichen und damit schlechten Waffen“ der russischen Armee – und anscheinend „nützlichen und damit guten Waffen“ der USA für die ukrainische Armee….Streumunition ist und bleibt brutal und unmenschlich, egal wer sie einsetzt und wo sie eingesetzt wird.
Deshalb: Streumunition ächten – ohne wenn und aber!
Was macht Streumunition so grausam?
Ich zitiere „handicap international:
Streubomben enthalten oft Hunderte Minibomben, die sich bei Explosion über große Flächen verteilen. Sie treffen, verwunden, verstümmeln und töten wahllos und über große Flächen hinweg. Es sind besonders heimtückische Waffen: bis zu 40 % zünden nicht bei Aufprall.
Auf mich wirkt es zynisch, und das Zerfetzen und Verstümmeln wird auch nicht besser, wenn die US – Regierung von „besserer Streumunition mit unter 3 % Blindgängern“ spricht. Fakt ist: Zerstörung und Leid werden billigend und wissend in Kauf genommen.
Mein Blick richtet sich auf die Bauern bei der Feldarbeit – wie notwendig ist sie gerade in der Ukraine!
Zynisch ist auch hier die Schlachtfeldrhetorik: die Böden sind sowieso schon vermint, durch Raketenreste und anderes Kriegsmaterial verseucht. Da kommt es bei der späteren Räumung auf ein paar Streubomben mehr oder weniger nicht an(gestern auf BR 24 gelesen).
Mein Blick richtet sich auf spielenden Kinder, die vielleicht mal einige Jahre nach dem Krieg ein paar interessant aussehende Bombensplitter finden….Handicap International hat Bilder von Kindern ohne Arme, Beine im Internet eingestellt. Mit Prothesen, denn Handicap International hilft gerade diesen Opfern, damit sie eine Zukunft haben.
Wer von den politisch Verantwortlichen hat schon mal überlegt, dass es auch Ihr Enkelkind treffen könnte?
Streumunition ächten – ohne wenn und aber!
Mein Blick geht in die Vergangenheit:
Nach handicap international feuerte die USA 1964 – 1975 während des Vietnamkrieges 260 Millionen Streubomben ab.
Israel warf im Libanon 1978, 1982 und vor allem 2006 mindestens 4 Millionen Streubomben ab… über 900 Menschen wurden danach durch Blindgänger getötet, über 4000 verstümmelt.
Für mich ist es unfassbar, dass der Bundespräsident unseres Landes nichts besseres weiß, als der Lieferung von Streubomben durch die USA an die Ukraine zuzustimmen: „wir dürfen der US-Regierung nicht in den Arm fallen“.
Hallo, um wen oder was geht es hier eigentlich? Bündnistreue und Unterwürfigkeit?
Oder ist Herr Steinmeier so dumm, dass er nicht weiß, was Streumunition anrichtet? Dass er nicht weiß, warum Streumunition völkerrechtlich geächtet ist? Und dass er nicht weiß, dass Deutschland tatsächlich und aus gutem Grund das Abkommen gegen Streumunition 2010 federführend auf den Weg gebracht und ratifiziert hat?
Aber ein Bundespräsident, der unlängst auf dem evangelischen Kirchentag hier in Nürnberg verkündete: „Jetzt ist die Zeit für Waffen“ – der weiß es wohl nicht besser. Und er kann keinen Frieden.
Aber wer kann das schon in dieser Regierung in Berlin?
Deshalb müssen wir laut und deutlich sagen: Streumunition ächten – ohne wenn und aber!
Jetzt und heute, und überall!
Elke Winter, Friedensmuseum Nürnberg
vorgetragen bei einer Mahnwache am Weißen Turm am 12. Juli 2023